Die mündliche Prüfung im 2. Staatsexamen in Jura
Das Wichtigste in Kürze:
- Die mündliche Prüfung ist der wichtigste Tag im Referendariat. Kein anderer Tag hat ein so hohes Gewicht für die Staatsexamensnote.
- Die mündliche Prüfung enthält ein neues Prüfungsformat, den Aktenvortrag, um sich auf den Aktenvortrag vorzubereiten, bieten sich die Aktenvorträge aus Nordrhein-Westfalen an, die kostenlos im Internet zur Verfügung stehen.
- Viele Prüfen bereiten die mündliche Prüfung nicht intensiv vor, weshalb häufig das aktuelle Tagesgeschehen Gegenstand der mündlichen Prüfung ist.
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Allgemeine Hinweise für die Vorbereitung
Die mündliche Prüfung hat im 2. Staatsexamen eine sehr hohe Bedeutung. Je nach Bundesland zählt die mündliche Prüfung zwischen 30 % und 40 %. Außerdem wird die mündliche Prüfung typischerweise deutlich besser bewertet als die Klausuren. Entsprechend ist es möglich, sich durch die mündliche Prüfung noch (deutlich) zu verbessern. In Extremfällen ist es sogar möglich, sich bis zu vier Punkte zu steigern. Entsprechend hat die mündliche Prüfung ein sehr hohes Gewicht, sodass eine gute Vorbereitung wichtig ist.
- Wann anfangen? Auch bei der mündlichen Prüfung gilt, dass eine Vorbereitung umso besser sein kann, je länger die Vorbereitung ist. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, sich nach den schriftlichen Klausuren zu erholen und die Wahlstation zu genießen. Deshalb haben wir uns ca. vier Wochen auf die mündliche Prüfung vorbereitet. Dies reicht unserer Ansicht nach, da das materielle und prozessuale Recht nur aufgefrischt werden muss. Eine gezielte Vorbereitung ist außerdem erst möglich, wenn man die Prüfer in der mündlichen Prüfung kennt. Erst dann weiß man genau, was einen in der Prüfung erwartet.
- Schriftlichen Noten: Im Referendariat fallen die schriftlichen Prüfungsergebnisse häufig schlecht aus. Gleichzeitig hat die mündliche Prüfung ein hohes Gewicht. Entsprechend solltet Ihr euch nicht unterkriegen lassen, wenn Ihr mit den Klausurergebnissen unzufrieden seid. Viele Referendare verbessern sich durch die mündliche Prüfung um ca. 2 Punkte.
- Zeitpunkt der Prüfung: Die mündliche Prüfung findet üblicherweise im Monat nach der Wahlstation statt. In manchen Bundesländern auch erst über ein Monat nach dem Ende der Wahlstation. Den genauen Tag der mündlichen Prüfung teilen die Justizprüfungsämter per Post / per Mail mit. Je nach Bundesland ist es unterschiedlich, wann diese Mitteilung erfolgt.
Was ist der Aktenvortrag?
In allen Bundesländern außer Bayern müssen Referendare in der mündlichen Prüfung einen Aktenvortrag halten. Beim Aktenvortrag erhalten Referendare eine Akte und müssen ihre Falllösung nach einer gewissen Vorbereitungszeit mündlich präsentieren.
- Gewicht: Der Aktenvortrag hat – je nach Bundesland – ein Gewicht von ca. 30 % der Note in der mündlichen Prüfung. Dazu findet der Aktenvortrag zu Beginn der mündlichen Prüfung statt und stellt somit den ersten Eindruck dar, den die Prüfer von Euch haben. Entsprechend ist es besonders wichtig, hier einen guten Eindruck zu hinterlassen.
- Struktur: Aktenvorträge können entweder aus Anwalts-, Gerichts- oder Behördensicht gestellt werden. Wie bei den Klausuren ist es auch hier wichtig, die Formalitäten und Strukturen einzuhalten. Fehler in diesem Bereich haben häufig sehr negative Auswirkungen auf die Note. Die Justizprüfungsämter veröffentlichen Leitfäden, in denen dargelegt wird, wie ein Aktenvortrag aufgebaut werden muss (vgl. Niedersachsen). Es ist sehr wichtig, dass Ihr euch diese Leitfäden durchlest. So stellt Ihr sicher, dass Ihr die Besonderheiten aus Eurem Bundesland einhaltet. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da viele Lernunterlagen nicht an die einzelnen Bundesländer angepasst sind, sodass man die Besonderheiten nicht auf anderem Wege erfährt.
Vorbereitung auf den Aktenvortrag
Aufgrund der hohen Bedeutung der Aktenvorträge ist eine gute Vorbereitung auf den Aktenvortrag wichtig. Während die meisten Referendare viele Übungsklausuren geschrieben haben, sind nur wenige Referendare im Halten von Aktenvorträgen geübt. Folgende Tipps helfen Euch für die Vorbereitung auf die Aktenvorträge.
- Viel Üben: Bei Aktenvorträgen spielt die Art und Weise des Vortrages eine wichtige Rolle. Um selbstsicher und souverän vortragen zu können, ist es sehr hilfreich das Halten von Aktenvorträgen zu üben. Um ehrliches Feedback zu bekommen, ist es hilfreich, den Aktenvortrag vor einer anderen Person zu halten. Sucht euch dafür also bestenfalls eine Lerngruppe oder einen Lernpartner, die bzw. der eure Aktenvorträge „abnimmt“.
- Aktenvorträge aus NRW & Berlin: Das Land NRW bietet ein Archiv mit alten Aktenvorträgen an. Diese eignen sich für die Vorbereitung hervorragend, da sie erstens kostenlos zugänglich sind und zweitens echte Aktenvorträge aus dem Examen darstellen, sodass sie einen guten Eindruck davon vermitteln, welche Anforderungen im echten Examen bestehen. Außerdem enthält auch der Berliner Klausurenkurs (Link zum Artikel) Aktenvorträge.
- Modalitäten beachten: Je nach Bundesland sind die Modalitäten für den Aktenvortrag unterschiedlich. In einigen Bundesländern haben Prüflinge für den Aktenvortrag 10 Minuten Zeit und die Vorbereitung beträgt 60 Minuten. In anderen Bundesländern beträgt die Vorbereitungszeit 90 Minuten und der Aktenvortrag wird innerhalb von 12 Minuten gehalten. Um ein Gefühl für die Bearbeitungszeit und die Vortragsdauer zu bekommen, ist es sinnvoll, primär mit solchen Unterlagen zu lernen, die den Modalitäten aus eurem Bundesland entsprechen.
- Grundlagen des materiellen Rechts: Neben der Vortragsweise spielt auch der Vortragsinhalt eine sehr wichtige Rolle. Für eine gute Bewertung ist es zwingend erforderlich, alle Probleme des Falls vertretbar zu lösen. Entsprechend sind gute Kenntnisse im materiellen Recht von hoher Bedeutung. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass die meisten Aktenvorträge deutlich weniger Anspruchsvoll sind als Klausuren. Vielmehr spielen viele Aktenvorträge in den klassischen Rechtsgebieten (im Zivilrecht z.B. im Schuldrecht und Deliktsrecht). Entsprechend haben wir für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung das materielle Recht nur oberflächlich wiederholt, indem wir unsere Karteikarten zum materiellen Recht einmal durchgegangen sind.
- Aktuelle Rechtsprechung: Viele Aktenvorträge beruhen auf aktueller Rechtsprechung. Entsprechend ist es sehr sinnvoll, für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung, die aktuelle Rechtsprechung zu studieren. Dabei empfiehlt es sich z.B. die Rechtsprechungsübersicht (RÜ) der letzten 12 bis 24 Monate durchzuarbeiten. Es kommt immer wieder vor, dass der Fall des Aktenvortrags quasi genau so in der RÜ stand;-)
Die Prüfungsgespräche
Zusätzlich zum Aktenvortrag besteht die mündliche Prüfung aus mehreren Prüfungsgesprächen. Die genauen Inhalte der Prüfungsgespräche sind in den Bundesländern uneinheitlich. In den meisten Bundesländern gibt es vier Prüfungsgespräche (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht und Anwaltsgespräch). Entsprechend solltet Ihr euch vorab informieren, welche Besonderheiten in eurem Bundesland gelten. Folgende Tipps helfen Euch bei der Vorbereitung auf die Prüfungsgespräche:
- Protokolle: Inhaltlich sind die Prüfer in der Ausgestaltung der Prüfungsgespräche frei. Entsprechend ist es für die Vorbereitung auf die Prüfungsgespräche sehr wichtig, euch über die Präferenzen eures Prüfers zu informieren. Hierfür gibt es mehrere Anbieter für Prüfungsprotokolle (z.B. Protokolle Assessorexamen). Die Protokolle zu den Prüfern solltet Ihr so schnell wie möglich lesen.
- Vorbereitung vor Kenntnis der Prüfer: Wenn Ihr Eure Prüfer noch nicht kennt, solltet ihr Euch eher generell vorbereiten. Es gibt mehrere Lehrbücher, die allgemeine Themen behandeln, welche häufig Gegenstand mündlicher Prüfungen sind. Ich habe diese Bücher durchgearbeitet: Kaiser/Bannach, Die mündliche Zivilrechtsprüfung im Assessorexamen, Die mündliche Strafrechtsprüfung im Assessorexamen, Die mündliche Assessorprüfung im öffentlichen Recht. Diese Lehrbücher sind natürlich nicht genau auf Eure Prüfer zugeschnitten, stellen allerdings sicher, dass Ihr die Basics in allen Rechtsgebieten sicher beherrscht. Außerdem sind die Bücher im Frage- & Antwortformat geschrieben, sodass es sehr kurzweilig ist, die Bücher durchzuarbeiten.
- Tagesgeschehen: Viele Prüfer besprechen gerne das aktuelle Tagesgeschehen. Dies hat für die Prüfer den Vorteil, dass keine umfangreiche Vorbereitung erforderlich ist. Entsprechend ist es sehr wichtig, das aktuelle Tagesgeschehen im Blick zu haben. Empfehlenswert sind dafür folgende Medien: Tagesschau; FAZ Steuern und Recht & LTO-Newsletter. Außerdem kann man auch gut einfach jeden Tag 30 Minuten auf LTO die wichtigsten Artikel lesen.
Organisatorische Tipps für die mündliche Prüfung
Neben der inhaltlichen Vorbereitung gibt es auch einige organisatorische Aspekte, die man bei der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung beachten sollte:
- Vorbereitung: Um in den Tagen vor der Prüfung nicht zu gestresst zu sein, solltet Ihr rechtzeitig alles organisatorische erledigen, etwa eine Unterkunft buchen, die Fahrt zum Justizprüfungsamt organisieren usw.
- Gesetze & Kommentare: Gesetzesänderungen sind für Praktiker ein beliebtes Prüfungsthema. Entsprechend sollten Eure Gesetze auf dem vorgeschriebenen Stand sein. Entsprechend solltet Ihr Eure Gesetze rechtzeitig nachsortieren und euch um die Kommentare kümmern.
- Uhr: Es ist besonders gut, wenn der Aktenvortrag genau die vorgeschriebene Zeit dauert. Deshalb ist es empfehlenswert in der mündlichen Prüfung eine Uhr zu verwenden. Grundsätzlich taugen dafür auch Armbanduhren, da diese allerdings eher schwierig zu lesen sind, empfehlen sich eher größere Uhren.
- Kleidung: Hinsichtlich der Kleidung gibt es zwar keine offiziellen Vorgaben, allerdings bevorzugen viele Prüfer konservative Kleidung. Entsprechend ist es empfehlenswert sich entsprechend dem Kleidungsstil „Business Formal“ zu kleiden (also Anzug & Krawatte für Männer und Hosenanzug oder Kleid für Frauen).
- Essen & Trinken: Die mündliche Prüfung dauert häufig bis ca. 16 Uhr. Um die Konzentration nicht zu verlieren, ist es wichtig, ausreichend Essen & Trinken mitzunehmen.
Allgemeine Tipps für die mündliche Prüfung
Insbesondere in der Prüfungsgesprächen gibt es einige Aspekte, die Ihr bedenken solltet, um Euch in der mündlichen Prüfung bestmöglich zu präsentieren:
- Laut denken: Prüfer stellen häufig schwierige Fragen, um zu schauen, ob die Prüflinge in der Lage sind, systematisch zu arbeiten und mit unbekannten Fragen zugehen. In einem solchen Fall erwartet niemand, dass Ihr die Antwort ad hoc wisst. Gleichzeitig solltet Ihr aber auch nicht minutenlang im Gesetz suchen, ohne etwas zu sagen. Dies macht es auch den Prüfern schwer, euch zu helfen. Deshalb solltet Ihr „laut denken“, also erzählen, was ihr macht und weshalb ihr so vorgeht.
- Souveränes & sicheres Auftreten: Das Ziel des Referendariats ist es, Referendare als angehende Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte auszubilden. In diesen Berufen ist es jeweils erforderlich, selbstsicher und souverän aufzutreten. Nehme während der Prüfung deshalb eine aufrechte und selbstbewusste Haltung ein, Sitze gerade, aber dennoch entspannt, und vermeide unruhige Bewegungen.
- Blickkontakt halten: Blickkontakt ist ein wesentliches Element der zwischenmenschlichen Kommunikation. Suche aktiv den Blickkontakt mit den Prüfern, um eine Verbindung herzustellen. Blickkontakt signalisiert Aufmerksamkeit und Offenheit und zeigt, dass du bereit bist, dich aktiv in den Prüfungsdialog einzubringen.
- Höflichkeit: Auch wenn es selbstverständlich sein sollte, wird dennoch häufig gegen diese Regel verstoßen. Höflichkeit ist in jeder Prüfungssituation von großer Bedeutung. Behandle alle Prüfer und Prüferinnen sowie deine Mitprüflinge stets höflich und respektvoll. Unterbreche niemanden, auch wenn du anderer Meinung bist, und vermeide abfällige Blicke oder Gesten bei falschen Antworten anderer. Höflichkeit ist ein Zeichen von Professionalität und zeigt, dass du dich in einer anspruchsvollen Situation angemessen verhalten kannst.
- Fehler abhaken: Niemand ist fehlerfrei, und auch während der mündlichen Prüfung können Fehler passieren. Wichtig ist, dass du diese Fehler zügig abhakst und dich auf die nächsten Fragen konzentrierst. Selbst wenn Du bei einer Frage mal nicht vollständig überzeugst, gibt es genug Gelegenheiten einen positiven Eindruck auf die Prüfer zu machen. Wenn man sich ablenken lässt verliert man schnell den Faden und damit noch viel mehr Punkte.