Jura-Referendariat
Verwaltungsstation

Verwaltungsstation im Referendariat

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
20.7.2024
9
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Das Wichtigste in Kürze:  

  • Die Verwaltungsstation kann weitgehend nach eigenen Wünschen und Vorstellungen ausgestaltet werden.
  • Das Angebot an Stationsgebern ist so groß, dass man als Referendar schnell den Überblick verliert und die „Qual der Wahl“ hat. Unsere Liste in diesem Text kann Euch bei der Auswahl eine gute Orientierungshilfe geben.  

Bei der Auswahl Eurer Station solltet Ihr auf folgende Aspekte achten:  

  1. Je beliebter der Stationsgeber, desto früher sollte man sich bewerben, meist bewirbt man sich am besten schon zu Beginn des Referendariats.  
  1. Die Verwaltungsstation bietet in vielen Bundesländern die Gelegenheit, Auslandserfahrung zu sammeln.  
  1. Bei Wahl einer arbeitsarmen Station eignet sich die Verwaltungsstation sehr gut, um für das Examen zu lernen.

Was ist die Verwaltungsstation?

Die Verwaltungsstation ist Teil des Jura-Referendariats und zeigt Referendaren die praktische Arbeit von Verwaltungsbehörden. Die Verwaltungsstation besteht aus zwei Teilen, der praktischen Ausbildung in einer Behörde und der theoretischen Ausbildung durch das Ausbildungsgericht. Die Verwaltungsstation dauert in den meisten Bundesländern drei oder vier Monate.

Eigenständige Auswahl der Station

Das Referendariat beginnt in fast allen Bundesländern mit der Straf- und Zivilstation. Referendare verbringen, ob es ihnen gefällt oder nicht, mehrere Monate bei einem Richter und einem Staatsanwalt. Insoweit unterscheidet sich die Verwaltungsstation deutlich von den bisherigen Stationen. Rechtsreferendare haben die Möglichkeit, die Verwaltungsstation nach den eigenen Interessen auszugestalten.

In einigen Bundesländern werden die Stationsgeber vorgegeben und die Referendare können ihre Präferenzen angeben. In den meisten Bundesländern hingegen dürfen sich Referendare eigenständig eine Stelle suchen und müssen sich bei entsprechenden Stationsgebern eigenständig bewerben.  

Liste mit Stationsgebern für die Verwaltungsstation

Rechtsreferendare haben bei der Auswahl der Station viel Gestaltungsspielraum. Vorgegeben ist in der Regel lediglich, dass die Verwaltungsstation bei einer Verwaltungsbehörde absolviert werden muss und die Ausbildung dort von einem Volljuristen übernommen wird. Im Folgenden deshalb eine Liste mit Ideen für die Verwaltungsstation.

„Verfassung“:

Landesbehörden bzw. Landesministerien:

  • Landesrechnungshöfe (z. B. Landesrechnungshof NRW)
  • Landesministerien (z. B. Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, Finanzbehörde Hamburg usw.)

Kommunale Verwaltung:

Körperschaften / Anstalten des öffentlichen Rechts:

Bundesbehörden:

Bundesministerien:

Hochschulen:

Europäische Organisationen:

Sonstiges:

  • Stiftungen (z. B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Konrad-Adenauer-Stiftung usw.)
  • Kulturangebote (z. B. Deutsches Theater Berlin, Mittelalterliches Kriminalmuseum in Rothenburg o. b. Tauber)

Verwaltungsstation in einem anderen Bundesland

In einigen Bundesländern besteht zusätzliche die Einschränkung, dass die Verwaltungsstation nur im eigenen Bundesland absolviert werden kann. Diese Einschränkung besteht in diesen Bundesländern:

  • Bayern
  • Thüringen
  • Baden-Württemberg
  • Sachsen

Verwaltungsstation im Ausland

In einigen Bundesländern besteht die Möglichkeit, die Verwaltungsstation im Ausland zu verbringen. Als Stationsgeber kommen hierfür etwa das Auswärtige Amt, Behörden der Europäischen Union, Auslandshandelskammern und internationale Organisationen, beispielsweise die Weltbank, in Betracht.  

In diesen Bundesländern besteht die Möglichkeit, die Verwaltungsstation im Ausland zu verbringen:

  • NRW  
  • Schleswig-Holstein  
  • Bremen  
  • Hessen  
  • Rheinland-Pfalz  
  • Saarland  
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Besonderheit: In Hamburg kann man zwar nicht die Verwaltungsstation, aber die Wahlstation I im Ausland verbringen. Die Wahlstation I ist quasi eine zweite Verwaltungsstation.

Vorteil: Einmalige Einblicke

Für eine Station im Ausland spricht, dass Referendare einzigartige Einblicke in internationale Organisationen erhalten. Dies ist eine einmalige Gelegenheit, die sich vielen außerhalb des Referendariats nicht wieder bietet. Außerdem haben Referendare so die Möglichkeit, während des Referendariats Auslandserfahrung zu sammeln und die eigenen Sprachfähigkeiten zu verbessern.

Nachteil: Hohe Kosten

Bedenken sollte man allerdings, dass man bei Auslandsstationen im Rahmen der Verwaltungsstation üblicherweise keine zusätzliche Vergütung von dem Stationsgeber erhält. Gleichzeitig sind Stationen im Ausland häufig sehr teuer. Die Kosten für Flüge, Versicherungen, Unterkunft usw. betragen schnell mehrere tausend Euro. Die Unterhaltsbeihilfe reicht somit nicht aus, um die Kosten zu stemmen. Wie man diese Kosten im Rahmen der Steuererklärung geltend machen kann, erfahrt ihr hier.

Nachteil: Arbeitsintensiv

Dazu kommt, dass Stationen im Ausland tendenziell sehr arbeitsintensiv sind, so ist es üblich, vier bis fünf Tage in der Woche arbeiten zu müssen. Somit bleibt kaum Zeit, um das Verwaltungsrecht in der Theorie zu lernen, Klausuren zu schreiben und die Inhalte der Zivil- und Strafstation zu wiederholen.

Alternative: Deshalb sollte man sich überlegen, ob man nicht lieber die Wahlstation im Ausland verbringt. Dafür spricht, dass man die Station dann bei einem Unternehmen oder einer Kanzlei verbringen kann, sodass man die hohen Kosten mit der Stationsvergütung finanzieren kann. Außerdem hat man dann bereits die Klausuren geschrieben, sodass der Lernaufwand deutlich geringer ist als während der Verwaltungsstation.  

Bewerbung

Die Plätze bei der Verwaltung werden in der Regel nach dem „Windhundprinzip“ vergeben, wer sich zuerst bewirbt, erhält die Stelle. Lediglich beim Auswärtigen Amt und manchen internationalen Organisationen findet ein Auswahlverfahren oder etwas ähnliches statt. Deshalb ist es sehr wichtig, sich rechtzeitig um die Verwaltungsstation zu kümmern. Bei beliebten Stationen sind Vorlaufzeiten von bis zu zwölf Monaten möglich. Wenn sich Referendare hingegen zu spät oder gar nicht um eine Stelle kümmern, werden sie vom Gericht einer Verwaltungsbehörde zugewiesen. Referendare werden dann meist den unbeliebten Stationen zugewiesen, da nur dort noch Plätze frei sind.  

Eine Bewerbung für eine Verwaltungsstation nimmt auch nur sehr wenig Zeit in Anspruch. Meistens reicht es, eine E-Mail mit einem kurzen Anschreiben, den Zeugnissen und einem Lebenslauf zu verschicken. Wenn der Stationsgeber noch einen freien Platz hat, erhalten Referendare dann direkt ein Angebot als Antwort. Es ist auch nicht erforderlich, im Anschreiben ausführlich darzulegen, weshalb man die Station bei dieser Behörde verbringen möchte. Es reicht die Modalitäten, also insbesondere den Zeitraum, mitzuteilen und sich selbst kurz vorzustellen.

Aufgaben als Referendar

Die konkreten Aufgaben, die Referendare im Rahmen der Verwaltungsstation übernehmen, hängen stark vom konkreten Stationsgeber ab. Grundsätzlich kann man allerdings sagen, dass Referendare in der kommunalen Verwaltung tendenziell Aufgaben übernehmen, die einen Bezug zu den examensrelevanten Rechtsgebieten haben und die Aufgabenstellung die größte Ähnlichkeit zu den Aufgaben im Staatsexamen aufweist. Insbesondere wenn Referendare Widerspruchsbescheide oder Klagen in examensrelevanten Rechtsgebieten verfassen, kann die Verwaltungsstation gut auf das Staatsexamen vorbereiten. Solche Aufgaben übernehmen Referendare etwa in Bezirksämtern, bei der Polizei oder bei Rechtsämtern. In anderen Behörden passiert es häufig, dass die Referendare eingesetzt werden, um die Verwaltung allgemein zu unterstützen. Dazu kann das Beantworten von Bürgerschreiben ebenso gehören wie PowerPoint-Präsentationen zu erstellen oder eine Rede zu schreiben.

Insbesondere in Ministerien und der höheren Landesverwaltung weisen die Aufgaben der Referendare häufig keinen Bezug zum Staatsexamen auf. Vielmehr unterstützen Referendare bei Projekten, sodass es sich in der Regel inhaltlich eher um ein Praktikum mit wenig juristischem Bezug handelt.

Aufgrund der starken Schwankungen zwischen den einzelnen Stationsgeber schaut euch gerne die Erfahrungsberichte zu verschiedenen Stationsgebern an.  

Tauchen in der Verwaltungsstation

Die letzten Monate der Rechtsanwaltsstation werden die meisten Referendare von der Arbeit „freigestellt“ und können sich vollständig auf die Examensvorbereitung konzentrieren, das sog. „Tauchen“. Die Möglichkeit, wenig bis gar nicht zu arbeiten und stattdessen lernen zu können, besteht auch in der Verwaltungsstation. In der Verwaltungsstation zu tauchen, ist allerdings deutlich weniger verbreitet, weshalb es vielen Referendaren nicht bekannt ist.

Referendare, die in der Verwaltungsstation tauchen möchte, sollten zum einen nicht zu internationalen Organisationen, Bundesbehörden und Bundesministerien gehen. Diese sind für eine hohe Arbeitsbelastung bekannt. Es ist dort für Referendare üblich, drei bis fünf Tage in der Woche zu arbeiten. Auch sind Behörden in beliebten Großstädten (z. B. Berlin, Hamburg, Düsseldorf) selten bereit, eine geringe Arbeitszeit anzubieten. Großstädte sind bei Referendaren sehr beliebt, sodass die in Großstädten gelegenen Behörden eine große Anzahl an Bewerbern haben und deshalb nicht auf die Wünsche von Referendaren eingehen müssen. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen, hierzu ist es empfehlenswert, sich im juristischen Umfeld umzuhören und/oder einen Blick in die Erfahrungsberichte zu werfen.

Referendaren, die in der Verwaltungsstation tauchen möchte, ist es deshalb zu empfehlen, sich in der kommunalen Verwaltung außerhalb der Großstädte zu bewerben. Dort bewerben sich deutlich weniger Referendare, sodass es deutlich weniger Wettbewerb um die Plätze gibt. Wenn man eine Antwort auf die Bewerbung bekommen hat, sollte man die Arbeitstage besprechen. Typischerweise schlägt die Verwaltung drei Arbeitstage in der Woche vor. Aufgrund der geringen Konkurrenz können Referendare allerdings häufig die Modalitäten verhandeln. Es ist möglich, die Arbeitszeit auf ein bis zwei Arbeitstage in der Woche herunterzuhandeln. Weitere Verhandlungsoptionen sind die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, wo die Arbeitsbelastung häufig deutlich geringer ist, da Referendare dort oft „unterm Radar fliegen“. Außerdem sind manche Behörden zwar nicht bereit, von den drei Arbeitstagen in der Woche abzuweichen, dafür werden Referendare allerdings für das Schreiben von Probeklausuren bzw. die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft freigestellt, was faktisch ebenfalls eine Reduktion der Arbeitszeit darstellt.

Kriterien zur Auswahl der Verwaltungsstation

Um eine passende Verwaltungsstation zu finden, sollten sich Referendare über den Stellenwert der folgenden Kriterien bei der Auswahl Gedanken machen.

  • Examensrelevanz: Bei vielen Stationsgebern weisen die Inhalte und Aufgaben wenig bis keinen Bezug zum Staatsexamen auf. Für Referendare, die daran interessiert sind, dass die praktische Ausbildung der Verwaltungsstation auf das Staatsexamen vorbereitet, ist insbesondere die kommunale Verwaltung zu empfehlen, also etwa Rechtsämter, die Polizei oder Baubehörden (s. o.).
  • Zeitaufwand: Soll die Verwaltungsstation dazu dienen, um praktische Einblicke in die Verwaltung zu erhalten oder möchte man lieber viel Frei- und/oder Lernzeit haben? Beides ist selten möglich, sodass Referendare eine Abwägungsentscheidung treffen müssen.  
  • Interesse: Wer immer schon einmal wissen wollte, was im Bundeskanzleramt passiert oder wie die Verwaltung eines Hafens funktioniert, hat in der Verwaltungsstation die Möglichkeit, sich die entsprechenden Behörden, Ministerien usw. anzuschauen.
  • Geld: Typischerweise erhalten Referendare in der Verwaltungsstation keine Vergütung. Es gibt allerdings einige Stationsgeber, etwa Krankenkassen, die eine geringe Vergütung zahlen. Dies ist allerdings sehr selten und die Vergütung beträgt „nur“ wenige hundert Euro im Monat. Bedenken sollten Referendare dabei allerdings, dass bei Stationsgebern, die eine Vergütung zahlen, in der Regel viel gearbeitet werden muss. Ökonomisch ist es deshalb attraktiver, eine Verwaltungsstation mit einer geringen Arbeitsbelastung auszuwählen und in einer Kanzlei ein oder zwei Tage in der Woche zu arbeiten.
  • Vorlaufzeit: Bei der Auswahl der Station müssen Referendare außerdem die Vorlaufzeit bedenken. Attraktive Stationen sind meist recht weit im Voraus, also mindestens 6 Monate vor Stationsbeginn, voll. Bei eher unattraktiven Stationen und Stationen außerhalb der Großstädte ist es auch noch drei bis vier Monate vor Stationsbeginn möglich, einen Platz zu erhalten.
  • Atmosphäre: Generalisierend kann man über die Atmosphäre bei Verwaltungsbehörden sagen, dass die Atmosphäre umso motivierter und ambitionierter ist, desto „höher“ die Behörde angesiedelt ist. Etwa bei Bundesministerien oder der europäischen Verwaltung arbeiten viele spannende, motivierte Mitarbeiter.

Theoretische Ausbildung

In fast allen Bundesländern findet parallel zu der Verwaltungsstation eine Arbeitsgemeinschaft statt, welche die für das Staatsexamen erforderlichen Kenntnisse vermittelt. Die Qualität und der Umfang der Arbeitsgemeinschaft schwanken stark zwischen den einzelnen Bundesländern und Ausbildern. Wie es in den einzelnen Bundesländern ausschaut, haben wir Euch in unseren detaillierten Berichten zu den Bundesländern dargestellt. Wichtig ist es, im Laufe der Verwaltungsstation auch das materielle Recht zu wiederholen. Es gibt einige Rechtsgebiete (z. B. das Waffenrecht, Beamtenrecht oder das Kommunalrecht), welche im zweiten Examen deutlich relevanter sind als im ersten Staatsexamen. Entsprechend ist es sehr wichtig, sich in der Verwaltungsstation auch mit diesen Rechtsgebieten zu beschäftigen. In der Regel wird in der Arbeitsgemeinschaft erwähnt, welche Rechtsgebiete in den einzelnen Bundesländern besonders relevant sind. Diesen Hinweis sollte man ernst nehmen, um sich vor bösen Überraschungen im Staatsexamen zu schützen.

Auch sollte man spätestens mit dem Beginn der Verwaltungsstation anfangen, Probeklausuren zu schreiben. Dann dauert es in den meisten Bundesländern nicht einmal mehr zwölf Monate, bis die Staatsexamensklausuren anstehen.

Verwaltungsstation in Speyer

Es besteht auch die Möglichkeit, die Verwaltungsstation an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer zu verbringen. Dabei absolviert man ein Ergänzungsstudium, in dem man sich intensiv mit dem Verwaltungsrecht befasst. Wie das Semester in Speyer genau abläuft und was man bei der Bewerbung berücksichtigen muss, haben wir Euch in diesem Artikel gesondert dargestellt.

Häufig gestellte Fragen

Wann muss man sich für die Verwaltungsstation bewerben?
Grundsätzlich ist es empfehlenswert sich mindestens 6 Monate vor Stationsbeginn zu bewerben. Bei beliebten Stationen muss man sich sogar noch früher bewerben.
Ideen für die Verwaltungsstation im Referendariat
Wenn man examensnahe Aufgaben bearbeiten möchte, ist das Rechtsamt empfehlenswert. Man kann die Verwaltungsstation aber auch
Lohnt sich ein Auslandsaufenthalt während der Verwaltungsstation? 
Ein Auslandsaufenthalt ist sowohl aus persönlicher als auch beruflicher Perspektive immer sinnvoll. Allerdings würden wir eher dazu raten die Wahlstation im Ausland zu absolvieren und die Verwaltungsstation zu nutzen um eine weniger Arbeitsintensive Stage zu machen. Dies ermöglicht es einem sich bereits früher als die meisten intensiv auf die Examensvorbereitung zu fokussieren.
Ist es sinnvoll die Verwaltungsstation zum „Tauchen“ zu nutzen?
Aus unserer Sicht ist es sinnvoll eine wenig arbeitsintensive Verwaltungsstation zu machen und die gewonnene Zeit in die Examensvorbereitung zu investieren, da man die Bedeutung der Note im zweiten Examen keinesfalls unterschätzen darf. Die einzige Ausnahme hiervon ist, wenn man unbedingt einen spannenden potenziellen Arbeitgeber kennenlernen möchte, dann lohnt es sich durchaus eine höhere Arbeitsbelastung in Kauf zu nehmen.