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Schema § 985 BGB

§ 985 BGB: Prüfungsschema

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
27.12.2024
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Prüfungsschema § 985 BGB:

  1. Anspruchsteller ist Eigentümer
  2. Anspruchsgegner ist Besitzer
  3. Kein Recht zum Besitz

Häufige Klausurschwerpunkte:

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1. Anspruchsteller ist Eigentümer

Zuerst muss geprüft werden, ob der Anspruchsteller Eigentümer der Sache ist. In Klausuren und Hausarbeiten kommt es häufig vor, dass eine umfangreiche Prüfung der Eigentumslage erforderlich ist. Dabei ist es wichtig, auf die folgenden Aspekte zu achten:

  • Trennungs- und Abstraktionsprinzip: Bei der Prüfung der Eigentumslage ist es wichtig, diese Prüfung nicht mit der Prüfung schuldrechtlicher Verhältnisse (z.B. ob ein Kaufvertrag geschlossen wurde) zu vermischen. Die Trennung von Schuldrecht und Sachenrecht ist für das deutsche Zivilrecht zentral, Fehler in diesem Bereich führen häufig zum Durchfallen in einer Klausur oder Hausarbeit.
  • Saubere Prüfung: Im Sachenrecht (z.B. bei der Frage des Eigentumserwerbes) ist es besonders wichtig, jeden Eigentumsübergang sauber und isoliert zu prüfen. Wenn man die Prüfungen vermischt, drohen schwerwiegende Fehler, entsprechend ist eine sorgfältige Prüfung zentral.

In Klausuren kommt es häufig vor, dass mehrere Eigentumsübergänge zu prüfen sind (Beispiel: A veräußert ein Fahrrad an B, welcher das Fahrrad an C veräußert, welcher das Fahrrad wiederum an D veräußert). In solchen Fällen sind zwei Vorgehensweisen denkbar.

  • Chronologischer Aufbau: Bei dem chronologischen Aufbau prüft man zuerst die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung von A zu B, anschließend von B zu C usw.
  • Logischer Aufbau: Beim logischen Aufbau prüft man zuerst die Wirksamkeit der Veräußerung von C zu D, innerhalb des Prüfungspunktes „Verfügungsbefugnis“ prüft man, ob C Eigentümer war, wofür man prüft, ob C selbst das Eigentum von B erlangt hat, wobei man wiederum innerhalb des Prüfungspunktes „Verfügungsbefugnis“ prüft, ob B das Eigentum von A erworben hat.

Innerhalb eines Gutachtens wäre grundsätzlich der logische Aufbau korrekt. Allerdings ist der logische Aufbau deutlich fehleranfälliger und schwieriger nachzuvollziehen. Entsprechend ist es üblich, den chronologischen Aufbau zu wählen. Dies liegt insbesondere auch daran, dass Lösungsskizzen aufgrund der Übersichtlichkeit üblicherweise den chronologischen Aufbau wählen. Damit die eigene Lösung möglichst dicht an der Lösungsskizze ist, ist der chronologische Aufbau empfehlenswert.

2. Anspruchsgegner ist Besitzer

In diesem Prüfungspunkt muss geprüft werden, ob der Anspruchsgegner Besitzer ist. In vielen Fällen kann dies mit einem Satz bejaht werden.  

3. Kein Recht zum Besitz

Dazu darf der Besitzer kein Recht zum Besitz haben. In folgenden Fällen liegt beispielsweise ein Recht zum Besitz vor:

  • Dingliche Besitzrechte: Besitzrechte ergeben sich etwa aus dem dinglichen Wohnrecht, § 1093 BGB, oder dem Nießbrauchrecht, § 1036 BGB.
  • Schuldrechtliche Besitzrechte: Etwa ein Kauf- oder Mietvertrag stellen für die jeweils berechtigte Person ein Recht zum Besitz dar.
  • Anwartschaftsrecht: In der Literatur ist sehr umstritten, ob das Anwartschaftsrecht ein Recht zum Besitz darstellt. Nach Ansicht des BGH ist dies nicht der Fall, allerdings ist es denkbar, dass in einem solchen Fall ein schuldrechtliches Besitzrecht vorliegt.
  • Zurückbehaltungsrechte: Nach Ansicht des BGH stellen Zurückbehaltungsrechte ein Recht zum Besitz dar, während die Literatur in einem solchen Fall nur das Vorliegen einer Einrede annimmt.
  • Abgeleitetes Besitzrecht: Ein Besitzrecht kann auch abgeleitet werden. Wenn etwa ein Mieter seine Wohnung untervermieten darf, dann hat der Untermieter kein direktes Besitzrecht gegen den Vermieter. Stattdessen leitet der Untermieter sein Besitzrecht vom Hauptmieter ab. In solchen Fällen muss geprüft werden, ob eine „lückenlose Besitzrechtsbrücke“ besteht.

4. Besonderheiten

Außerdem sind bezüglich des Anspruches aus § 985 BGB die folgenden Besonderheiten zu beachten:

  • Sperrwirkung: im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist § 985 BGB nicht anwendbar. Stattdessen entfaltet § 771 ZPO Sperrwirkung.
  • Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB: Ob und in welchem Umfang die §§ 280 ff. BGB auf den Anspruch aus § 985 BGB anwendbar sind, ist umstritten. Grundsätzlich entfalten die §§ 987 ff. BGB allerdings Sperrwirkung.
  • Weitere Ansprüche: Neben dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB sind üblicherweise auch diese (Herausgabe-)Ansprüche zu prüfen: § 861 BGB, § 1007 Abs. 1 BGB, § 1007 Abs. 2, § 823 BGB & § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
  • Mittelbarem Besitz: Wenn sich die Sache bei einer anderen Person befindet (z.B. eine Person muss ein Fahrrad nach § 985 BGB herausgeben, hat dieses aber verliehen), sodass die zur Herausgabe verpflichtete Person nur mittelbarer Besitzer ist, besteht der Anspruch nach § 985 BGB entweder auf Herausgabe der Sache oder auf Herausgabe des Herausgabeanspruches.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen § 812 BGB und § 985 BGB?
§ 985 BGB ist ein Herausgabeanspruch, der dem Eigentümer zusteht. § 812 BGB ist ein Anspruch auf Herausgabe einer Bereicherung. Die §§ 818 ff. BGB führen dazu, dass der Anspruch aus § 812 BGB häufig ausgeschlossen ist. Die §§ 818 ff. BGB sind auf den Anspruch aus § 985 BGB nicht anwendbar.
Wann hat man einen Herausgabeanspruch?
Ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB besteht, wenn der Anspruchsinhaber Eigentümer der herauszugebenden Sache ist, der Anspruchsgegner Besitzer ist und kein Recht zum Besitz besteht.
Wann verjährt der Anspruch aus § 985 BGB?
Der Anspruch aus § 985 BGB verjährt nach 30 Jahren, vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Was besagt § 985 BGB?
§ 985 BGB stellt einen Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer einer Sache dar, sofern kein Recht zum Besitz besteht.
Ist das Zurückbehaltungsrecht ein Recht zum Besitz?
Nach Ansicht des BGH stellt ein Zurückbehaltungsrecht ein Recht zum Besitz dar, allerdings erfolgt trotzdem eine Verurteilung zur Herausgabe Zug-um-Zug. Nach verbreiteter Ansicht in der Literatur ist ein Zurückbehaltungsrecht kein Recht zum Besitz.