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Schema § 1004 BGB

§ 1004 BGB: Prüfungsschema

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
27.12.2024
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Prüfungsschema § 1004 BGB:

  1. Eigentum
  2. Störung des Eigentums
  3. Störer
  4. Wiederholungsgefahr (Nur beim Unterlassungsanspruch, § 1004 Abs. 1 S. 2!)
  5. Keine Duldungspflicht
  6. Rechtsfolgen (Beseitigung & Unterlassen)

Häufige Klausurschwerpunkte:

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1. Eigentum

Der Anspruch aus § 1004 BGB setzt voraus, dass der Anspruchsteller Eigentümer ist. Entsprechend ist es in Klausuren und Hausarbeiten möglich, an diesem Prüfungspunkt sachenrechtliche Probleme einzubauen.

2. Störung des Eigentums

Dazu muss eine Störung des Eigentums vorliegen. Unter einer Eigentumsstörung wird alles verstanden, was die Nutzung oder Substanz des Eigentums beeinträchtigt. Entsprechend hat die Definition eine sehr große Reichweite, nicht erfasst werden allerdings rein ideelle Einwirkungen, wenn also bloß das ästhetische oder moralische Empfinden des Eigentümers verletzt wird.  

Für die Frage, wann eine Störung des Eigentums vorliegt, helfen die folgenden Beispiele:  

  • Grundstück: Das unerlaubte Betreten eines Grundstückes stellt eine Eigentumsstörung dar, gleiches gilt etwa für das Abladen von großen Mengen Schnee im Winter oder Laub im Herbst.
  • Fremde Sachnutzung: Die unbefugte Verwendung einer fremden Sache, stellt ebenfalls eine Eigentumsstörung dar.
  • Anstrahlen: Das gezielte Anstrahlen eines Hauses mit hellem Licht stellt ebenfalls eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
  • Drohnen: Das Eindringen von Drohnen in den Luftraum über dem Grundstück stellt ebenfalls eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
  • Fotografieren: Das Filmen von Sachen, nachdem man zuvor das Grundstück betreten hat, und die darauffolgende gewerbliche Verbreitung der Bilder stellt eine Eigentumsstörung dar.
  • Hunde: Auch das laute und andauernde Hundegebell stellt eine Eigentumsstörung dar.

3. Störereigenschaft des Antragsgegners

Außerdem muss der Antragsgegner Störer sein. Es gibt zwei Arten von Störern:

  • Zustandsstörer: Zustandsstörer ist, wer die Beeinträchtigung verursacht und von dessen Willen die Beseitigung der Beeinträchtigung bzw. die zukünftige Unterlassung abhängt. Deshalb ist etwa der Eigentümer eines Grundstückes kein Zustandsstörer wegen der auf dem Grundstück lagernden Weltkriegsbomben, da der Grundstückseigentümer die Gefahrenquelle nicht beherrscht. Auch bei Naturereignissen (z.B. von einem Grundstück abfließendes Wasser) scheidet die Zustandsstörereigenschaft idR aus.
  • Handlungsstörer: Handlungsstörer ist, wer die Störung durch eine eigene Handlung oder ein pflichtwidriges Unterlassen verursacht. Auch wer eine Störung mittelbar verursacht, ist Handlungsstörer (sog. Mittelbarer Handlungsstörer). Als mittelbarer Handlungsstörer gilt etwa der Bauherr, der seinen Bauunternehmer nicht ausreichend überwacht, oder ein Betreiber eines Sportplatzes hinsichtlich des Lärms, der durch die Sportler verursacht wird.

4. Unterlassungsanspruch: Wiederholungsgefahr

Der Unterlassungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB) besteht nur, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Dies wird als Wiederholungsgefahr bezeichnet. Entgegen dem Wortlaut der Norm kann die Gefahr einer Beeinträchtigung allerdings auch vorliegen, wenn noch keine Beeinträchtigung erfolgt ist (sog. Erstebegehungsgefahr). Für die Erstbegehungsgefahr ist es erforderlich, dass konkrete Umstände dafürsprechen, dass eine Beeinträchtigung ernsthaft zu erwarten ist.

Für den Beseitigungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) ist die Wiederholungsgefahr nicht erforderlich.  

5. Keine Duldungspflicht

Die Ansprüche aus § 1004 BGB scheiden aus, wenn eine Pflicht zur Duldung der Störung besteht. Zum einen können öffentlich-rechtliche Ausschlussgründe (insb. § 14 BImSchG) bestehen. Eine deutlich größere Relevanz haben dagegen die Duldungspflichten.  

Duldungspflichten liegen in folgenden Fällen vor:

  • Vertrag & Gestattung: Eine Duldungspflicht kann sich etwa aus einer vertraglichen Vereinbarung oder einer sonstigen Gestattung ergeben, wenn etwa der Eigentümer eines Grundstückes einer Person erlaubt, das Grundstück zu betreten, kann er keinen Unterlassungsanspruch geltend machen.
  • Gesetz: Insbesondere aus dem Notstandsrecht (z.B. § 904 BGB) kann sich die Pflicht des Grundstückseigentümers ergeben, eine Einwirkung auf das Grundstück hinzunehmen.  
  • Nachbarliche Duldungspflicht: Nachbarn wohnen dauerhaft nebeneinander, entsprechend ist das hohe Näheverhältnis in besonderem Maße zu würdigen. Aus § 242 BGB folgt deshalb die Pflicht, Beeinträchtigungen, die eine sehr geringe Beeinträchtigung darstellen, hinzunehmen.
  • § 906 BGB: Die wichtigste Duldungspflicht stellt § 906 BGB dar. Danach ist die Zuführung von unwägbaren Stoffen hinzunehmen, wenn die Einwirkung unwesentlich ist. Wesentliche Einwirkungen sind zu dulden, sofern sie ortsüblich sind und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden können, in diesem Fall hat der Eigentümer allerdings nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf Geldausgleich.

6. Rechtsfolgen (Beseitigung & Unterlassen)

Sofern die oben genannten Voraussetzungen vorliegen, besteht ein Anspruch auf Beseitigung der Störung und wenn eine Wiederholung droht, auch das Unterlassen zukünftiger Störungen.  

Umstritten und komplex ist jedoch die Frage, wie weit der Beseitungsanspruch reicht:

  • Kein Schadensersatz: Da § 1004 BGB keinen Schadensersatzanspruch darstellt (insb. fehlt das Verschulden), besteht Einigkeit darüber, dass nicht die vollständige Wiederherstellung geschuldet ist.
  • Störungsbeseitigung: Neben der Beseitigung der unmittelbaren Störung besteht auch ein Anspruch darauf, die Beeinträchtigungen zu beseitigen, die durch die primäre Störungsbeseitigung eintreten (Beispiel: Baumwurzeln zerstören einen Fußballplatz, dann wird nicht bloß die Beseitigung der Wurzeln geschuldet, sondern auch die Wiederherstellung der Beschädigungen, die bei der Entfernung der Wurzeln eintreten.

7. Analoge Anwendung

Eine wichtige Besonderheit bei § 1004 BGB besteht darin, dass § 1004 BGB analog auf die Situation angewendet wird, dass kein Eigentum, sondern ein anderes absolutes Recht beeinträchtigt wird (z.B. bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch falsche Presseberichte besteht nach § 1004 BGB analog ein Unterlassungsanspruch).

Häufig gestellte Fragen

Was besagt § 1004 BGB?
§ 1004 BGB ist ein Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung einer Eigentumsstörung. Wird etwa ein Grundstück durch einen Nachbarn beschädigt, folgt aus § 1004 BGB ein Anspruch, die Eigentumsstörung zu unterlassen.
Wer ist Störer nach § 1004 BGB
Sowohl der Zustands- als auch der Handlungsstörer ist Störer im Sinne des § 1004 BGB. Handlungsstörer ist, wer die Störung durch eigenes Tun oder Unterlassen, sowie die Handlung eines Dritten, adäquat verursacht.
Was ist ein Beseitigungsanspruch?
Der Beseitigungsanspruch dient der Beseitigung einer Störung. Während der Schadensersatzanspruch das Ziel verfolgt, den Schädiger vollständig zu kompensieren, dient der Beseitigungsanspruch lediglich dazu, die Beseitigung der Störung zu erreichen, entgangene Gewinne oder ähnliches werden entsprechend nicht erfasst.
Wann verjährt der Anspruch aus § 1004 BGB?
Der Anspruch aus § 1004 BGB unterliegt der normalen Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Was ist ein Handlungsstörer?
Handlungsstörer ist, wer die Störung durch eigenes Tun oder Unterlassen, sowie die Handlung eines Dritten (mittelbarer Handlungsstörer), adäquat verursacht. Zusätzlich muss durch die Handlung oder das Unterlassen eine besondere Gefahr geschaffen worden sein.