Jura-Referendariat
Zivilstation Baden-Württemberg

Jura-Referendariat in Baden-Württemberg: Die Zivilstation

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Aktualisiert am 
4.11.2023
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Das Wichtigste in Kürze:

  • In Baden-Württemberg beginnt das Referendariat mit der Zivilstation, die fünf Monate lang dauert.
  • Bei der Zuteilung zu den Richtern kann angegeben werden, ob das Land- oder Arbeitsgericht bevorzugt wird, außerdem werden inhaltliche Präferenzen berücksichtigt.
  • Während der Arbeitsgemeinschaft werden viele Examensklausuren besprochen, es ist allerdings wichtig, dass Referendare zusätzlich eigenständig lernen.

Dauer und Inhalt des Einführungslehrgangs

Die Zivilstation beginnt mit einem Einführungslehrgang, der ca. drei Wochen dauert. Dafür wird man in Gruppen mit einer Größe von mindestens 12 und höchstens 30 Rechtsreferendarinnen und -referendaren eingeteilt. In der Regel bestehen die Gruppen aus ca. 20 Referendaren.  

Er findet in der Regel an vier bis fünf Tagen pro Woche statt und dauert bis zu 4 Stunden pro Tag. Die Teilnahme ist wie bei allen Arbeitsgemeinschaften verpflichtend.  

Ziel des Lehrgangs ist es, die Referendare mit den Arbeitsmethoden in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit (z. B. die Relationstechnik) vertraut zu machen und die theoretischen Grundlagen zu legen, die man für die Zivilstation und die zivilrechtlichen Examensklausuren benötigt. Der Schwerpunkt liegt dabei – wenig überraschend – auf der zivilprozessualen Ausbildung. So werden beispielsweise die Grundsätze des Zivilverfahrens, der Aufbau eines Urteils, das Kostenrecht und Aspekte der vorläufigen Vollstreckbarkeit behandelt.

Ist der Einführungslehrgang hilfreich?

Der Lehrgang ist hilfreich, um einen ersten Überblick über die Rechtsmaterie zu gewinnen, allerdings wird deutlich weniger Wissen vermittelt als für die Klausuren erforderlich. Insbesondere schwierige Einzelfrage des Prozessrechts werden kaum behandelt. Der Einführungslehrgang bietet einen angenehmen Start ins Referendariat, verdeutlicht jedoch auch, dass frühzeitiges eigenverantwortliches Lernen im Verlauf des Referendariats unabdingbar ist.  

Häufigkeit und Inhalt der Arbeitsgemeinschaft

Nach dem Einführungslehrgang (parallel zur praktischen Ausbildung) findet einmal wöchentlich eine Arbeitsgemeinschaft von vier Unterrichtsstunden statt. Die Zusammensetzung der Gruppe verändert sich dabei gegenüber der Einführungsgemeinschaft nicht.  

Der Unterricht erfolgt teilweise eher wissenschaftlich durch eine systematische Darstellung des Unterrichtsstoffs. Überwiegend und insbesondere im praxisbezogenen Unterricht erfolgt die Ausbildung jedoch anhand von Examensfällen, was im Hinblick auf die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen deutlich nützlicher ist.  

Schreibt man während der Arbeitsgemeinschaft auch Klausuren?

Während der Arbeitsgemeinschaften schreibt man zudem mehrere Übungsklausuren und hält Aktenvorträge, welche für die Bewertung im Stationszeugnis entscheidend sind. Bezüglich der Übungsklausuren gilt, dass nicht alle Klausuren abgegeben werden müssen, in der Regel lohnt es sich jedoch, an allen Übungsklausuren teilzunehmen.  

Muss man neben der Arbeitsgemeinschaft noch lernen?

Neben der Arbeitsgemeinschaft ist es grundsätzlich empfehlenswert, zusätzlich eigenständig zu lernen. Insbesondere ist es sinnvoll, bereits früh wie möglich an einem oder besser mehreren Klausurenkursen teilzunehmen, um sich optimal auf das Examen vorzubereiten. Dafür bieten sich zusätzlich neben den Kursen des jeweiligen Ausbildungsgerichts, der vom Land angebotenen „Online-Klausurenkurs“ (dazu siehe hier) auch kommerzielle Klausurenkurse an. In jedem Fall sollte man zumindest die Arbeitsgemeinschaft vor- und nachbereiten, was pro Woche typischerweise ca. 10 bis 15 Stunden in Anspruch.

Praktische Ausbildung

Die praktische Ausbildung erfolgt während der Zivilstation an den Zivilgerichten. Die Verteilung wird durch das OLG vorgenommen, dabei unterscheidet sich das Verfahren je nach OLG. Referendare können dabei üblicherweise Präferenzen angeben. Zum einen, ob man lieber an ein AG oder LG gehen möchte, zum anderen, welchem Gericht man zugeteilt werden möchte. Präferiert man das Landgericht, kann man zusätzlich noch angeben, welcher Kammer man vorzugsweise zugeteilt werden möchte. Bei dieser Wahl spricht insbesondere die höhere Examensnähe für das Amtsgericht. Umgekehrt spricht die Qualität der Schriftsätze, mit denen man konfrontiert wird, möglicherweise ein wenig für das Landgericht. Möchte man jedoch einem bestimmten Ausbilder zugeteilt werden, können die Chance am Landgericht höher sein. Letztlich handelt es sich um eine persönliche Wertungsentscheidung.  

Inhaltlich schreibt man während der Station primär Urteile und hält Aktenvorträge, die man anschließend mit dem Richter bespricht. Manche Referendare erhalten auch die Gelegenheit, eine Gerichtsverhandlung zu führen. Dies kann zwar sehr stressig sein, soll allerdings viel Spaß bringen.  

Arbeitsbelastung während der Zivilstation

Die Arbeitsbelastung durch die praktische Ausbildung beträgt typischerweise ca. 2 bis 4 Arbeitstage pro Woche, davon entfallen jeweils ein bis zwei Tage auf Gerichtsverhandlungen und das Besprechen der Urteile und ca. ein bis zwei Tage die Woche auf das Abfassen der Gerichtsurteile. Gemeinsam mit der Lernzeit liegt die gesamte Arbeitsbelastung während der Station ungefähr bei 40 Wochenstunden.

Während der Zivilstation die weiteren Stationen planen

Die Zivilstation ist besonders gut geeignet, um die Verwaltungs-, Anwalts- und Wahlstation zu planen. Gerade die Plätze in der Verwaltungsstation werden nach first-come-first-serve-Prinzip verteilt. Wobei insbesondere beliebte Stationen, etwa das Auswärtige Amt oder die Polizei, sehr schnell voll sind, sodass es sich lohnt, so früh wie möglich die Stationen zu planen. Gleiches gilt jedoch auch für beliebte Ausbildungsstationen in der Anwalts- und insbesondere Wahlstation.

Häufig gestellte Fragen