Berufseinstieg: Welches Rechtsgebiet ist das Richtige?
Das Wichtigste in Kürze:
- Selbstreflexion und Erfahrung: Die Wahl des richtigen Rechtsgebiets sollte sich an den persönlichen Interessen, Stärken und praktischen Erfahrungen aus Studium und Referendariat orientieren.
- Wechsel möglich: Der Fokus auf ein Rechtsgebiet ist keine abschließende Entscheidung, es ist auch später noch möglich, das Rechtsgebiet zu wechseln.
- Karriere: Es ist sinnvoll, das eigene Profil in einem Rechtsgebiet zu schärfen, damit man später möglichst schnell als Experte wahrgenommen wird.
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Bedeutung der Entscheidung
Die Wahl des Rechtsgebietes ist für die weitere Zukunft von hoher Bedeutung. Das Rechtsgebiet, in dem du dich spezialisierst, beeinflusst nicht nur die tägliche Arbeit, sondern auch die Karrierechancen und Einkommensperspektiven erheblich. Während einige Fachbereiche hohe Mandatszahlen bieten, sind andere aufgrund hoher Einstiegsgehälter oder einer besonders interessanten Mandantenstruktur attraktiv.
Ist ein Rechtsgebietswechsel später noch möglich?
Besonders in der Anfangsphase kann eine bewusste Wahl des Rechtsgebiets den Karriereweg positiv beeinflussen. Allerdings kann man den eigenen Fokus aufgrund der sehr generalistischen Ausbildung in den ersten Jahren – und teilweise auch später noch – auch problemlos ändern. Die genaue Nische in der man letztlich tätig wird, ergibt sich i.d.R. ohnehin erst im Verlauf des Berufslebens aus einer Reihe von Zufällen.
Wie finde ich das richtige Rechtsgebiet für meinen Berufseinstieg?
Wir würden dir empfehlen dich der Frage in fünf Schritten zu nähern. Am Ende ist es wichtig für sich selbst eine Abwägungsentscheidung zu treffen, die alle individuellen Faktoren berücksichtigt.
- Schritt: Die eigenen Stärken und Schwächen identifizieren
- Schritt: Analyse des Rechtsmarktes
- Schritt: Praktische Erfahrungen
- Schritt: Eigenes Profil
- Schritt: Eigenes Netzwerk
Die eigenen Interessen und Stärken identifizieren
Während des Studiums und insbesondere im Referendariat hat man bereits erste Erfahrungen in verschiedenen Rechtsgebieten gesammelt. Diese sollte man nochmal ganz bewusst reflektieren:
- Rückblick auf das Studium: Welche Vorlesungen haben dir besonders gefallen? Welche Klausuren sind dir leichtgefallen? Welcher Fächer hast du gerne gelernt und über den Pflichtfachstoff hinaus vertieft?
- Referendariat als erster Prüfstein: Welche Station hat am meisten Spaß gemacht? Haben sich die Präferenzen aus dem Studium bestätigt oder haben sich neue Rechtsgebiete aufgetan die spannend sind?
- Fähigkeiten bewerten: Liegen deine Stärken im analytischen Denken und der Vertragsgestaltung? Dann könnte etwa das Gesellschaftsrecht oder Steuerrecht passend sein. Hast du Freude an streitigen Verhandlungen, dann könnten das Strafrecht oder das Zivilprozessrecht das Richtige sein. Genießt du Menschenkontakt und möchtest Menschen in persönlichen Notlagen helfen, dann sind vielleicht das Arbeits- oder das Familienrecht eine Option, usw.
- Arbeitsstil: Möchtest du oft vor Gericht stehen oder eher beratend tätig sein? Prozessrechtler und Wirtschaftsjuristen haben hier völlig unterschiedliche Berufsleben. Ist es Dir wichtig, viel Kontakt zu Menschen zu haben, oder arbeitest du lieber alleine und für dich?
Analyse des Rechtsmarktes
Neben den persönlichen Interessen ist es wichtig, die Marktlage und Karrieremöglichkeiten zu analysieren. Folgende Fragen können bei der Einschätzung helfen:
- Rechtsgebiete mit hohen Fallzahlen: Strafrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht, Erbrecht und IT-Recht sind derzeit stark gefragt – gerade in einfach gelagerten Fällen wird KI und Digitalisierung die Beratung in Zukunft wohl stark verändern.
- Wachstumsfelder: Datenschutzrecht, Legal Tech und Umweltrecht sind Zukunftsbereiche mit großem Potenzial. Wer perspektivisch eine Partnerposition oder eigene Kanzlei anstrebt, für den ist es sinnvoll, über wachsende Rechtsgebiete nachzudenken. Denn eine Beförderung oder Neugründung ist deutlich einfacher, wenn ein Markt wächst als wenn er stagniert.
- Vergütung und Work-Life-Balance: Während Wirtschaftskanzleien im Gesellschafts- oder Kapitalmarktrecht hohe Einstiegsgehälter bieten, erfordern sie auch eine hohe Einsatzbereitschaft. Auch etwa der Aufbau einer eigenen Kanzlei mit viel Mühe verbunden, bietet dafür jedoch die Chance voll am eigenen unternehmerischen Erfolg zu partizipieren. Hingegen ist die Arbeit in einer Behörde i.d.R. weniger fordernd, dafür aber auch weniger lukrativ.
- Mandantenstruktur beachten: In bestimmten Bereichen sind Unternehmen die Hauptmandanten, während in anderen vor allem Privatpersonen beraten werden. Gerade zu Beginn der Karriere ist es schwer Unternehmen zu überzeugen einen zu Mandatieren, sodass man in diesen Bereichen in der Regel zunächst als Angestellter Erfahrung sammeln muss.
Tipp: Recherchiere aktuelle Trends und sprich mit erfahrenen Anwälten aus deinem Netzwerk, auf Fachveranstaltungen oder über soziale Netzwerke wie LinkedIn.
Praktische Erfahrungen
Die Theorie allein reicht nicht aus – teste deine Präferenzen durch Arbeit in dem jeweiligen Rechtsgebiet. Dafür bieten sich insbesondere folgende Möglichkeiten
- Nebenjobs und Praktika: Arbeite als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei oder einem Unternehmen, um tiefere Einblicke in bestimmte Rechtsbereiche zu erhalten.
- Moot Courts und Case-Studies: Moot Courts und Case-Studies von Kanzleien geben dir einen ersten Einblick in die Tätigkeit und typischen Fälle in einem bestimmten Rechtsgebiet.
- Anwalts- und Wahlstation im Referendariat: Nutze die Anwalts- und Wahlstation, um unterschiedliche Rechtsgebiete kennenzulernen. Falls du dir nach dem zweiten Staatsexamen noch unsicher bist, kannst du noch eine Zeit als juristischer Mitarbeiter in einer Kanzlei arbeiten.
- Networking mit erfahrenen Anwälten: Lass dich von Mentoren beraten, um herauszufinden, ob das angestrebte Rechtsgebiet langfristig zu die passen könnte.
Spezialisierung und Weiterbildung
Zudem sollte man es berücksichtigen, wenn man in einem bestimmten Gebiet bereits Weiterbildungen absolviert hat oder solche plant:
- Zusätzliche Qualifikationen: Hat man in einem bestimmten Bereich ein Doktortitel oder einen LL.M. kann es sich lohnen, sein Sonderwissen in der Praxis zu nutzen.
- Fortbildungen und Seminare: Hast du zum Beispiel Seminare und Fortbildungen von Veranstaltungsplattformen wie dem Deutsche Anwaltverein (DAV), dem Deutsche Aktieninstitut (DAI) oder anderen besucht?
- Fachartikel: Hast du Fachartikel oder einen Blog-Beitrag zu bestimmten Themen verfasst, um dich in einem Rechtsgebiet als junger Experte zu etablieren?
Diese Faktoren helfen alle dabei, in der Zukunft neuen Mandanten zu akquirieren. Schließlich muss man sich ein Profil aufbauen, dabei hilft es, wenn dieses mit Titeln, Publikationen oder Weiterbildungen untermauert werden kann.
Networking und persönliche Positionierung
Ein starkes berufliches Netzwerk ist für den beruflichen Erfolg sehr wichtig. Deshalb solltest du dich Fragen, in welchem Rechtsgebiet dein Netzwerk am stärksten ist.
- Ehemalige Kollegen und Ausbilder: Referendarausbilder oder Praktikumsbetreuer sind oft wertvolle Türöffner zu Personen, die in dem Rechtsgebiet tätig sind. Deswegen sollte man versuchen, sich regelmäßig mit diesen auszutauschen.
- Fachmessen und Networking-Events Veranstaltungen wie Karrieremessen oder Networking-Events von Kanzleien bieten die Möglichkeit, potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen und dein Netzwerk in bestimmten Rechtsgebieten aufzubauen.
- Eigene Online-Präsenz: Ein gut gepflegtes LinkedIn-Profil oder Artikel in Fachzeitschriften können helfen, dich bereits früh als Experte auf bestimmten Feldern zu positionieren. Hat man dies getan bietet es sich an, diese Position auszunutzen.